Am Ziel

Peter ist gerade in strömendem Regen bei Pater Tabarelli in Gatchina angekommen. Gott sei Dank.

 

15. Tourentag: 8. Mai 05

Nachtrag vom Vortag. Da ich schon mittags in Narva eingetroffen war, blieb mir noch Zeit, die beiden Grenzfestungen auf russischer Seite (Burg Ivangorod) und auf estnischer Seite (Hermannsfeste) anzuschauen. Die breite Narva ist also ein Grenzfluss: gewaltige Anlagen: Die Wirtin des Vanallin Hotels, direkt am Fluss gelegen, empfiehlt mir ein gutes Lokal "King", in dem ich ein leckeres Fischgericht bestellte und ein Glas Rotwein. Ein schwedischer Geschäftsmann ist sehr an meiner Tour interessiert. Gehe dann bald zu Bett, schlafe dann allerdings spät wegen des bevorstehenden Grenzübertritts, ein. Geht alles problemlos und wie wird es in Russland? Hoffnung schöpfe ich, mit dem Rad hineingelassen zu werden, weil ich im Grenzverkehr von meinem Fenster mehr Radfahrer sehe. Auch der Geldumtausch macht mir Kopfzerbrechen: Ein- und Ausfuhrverbot von Rubel. Wie kann ich mich morgen ohne Rubel unterwegs versorgen?

Morgens um 7.30 Uhr verlasse ich das Hotel, mache noch ein Foto von der Wirtin und fahre zur benachbarten Grenzkontrolle auf estnischer Seite. Hier wartet schon eine lange Schlange Grenzgänger, deren Abfertigung aber zügig vorangeht. Ich brauche nur meinen Reisepass vorzuzeigen und ich überquere dann die Narva. Auf russischer Seite muss ich dann noch einen wichtigen Laufzettel ausfüllen, der dann gestempelt wird. Ich möchte der Grenzbeamtin anlässlich des 9. Mai die Pax-Christi-Grüße überreichen. Leider lehnt sie energisch ab - weitere Personen drängen allerdings nach. Nun bin ich also auf russischen Boden und suche eine Bank zum Geldumtausch. Es ist Sonntag. Verschiedene Versuche schlagen fehl. Zwei Russinnen, denen ich meine in russisch verfasste Pax-Christi-Friedensbotschaft zeige, sind so begeistert, dass sie mich in die nahe gelegene Kirche einladen, was ich aber aus Zeitgründen ablehnen muss. In Ivangorod (Johannisstadt) geht nun die letzte Etappe auf der langen Reise los: E20/ M11: Zunächst läuft alles gut. In der Erleichterung wegen des problemlosen Grenzübertritts "haue ich richtig rein". Der Verkehr ist mäßig. Trotz des Sonntags sind Lastzüge unterwegs. In Kingisepp denke ich an Herrn Heinrich Körtum, den ich vom Krankenhausdienst kenne, der vor 64 Jahren hier im 2. Weltkrieg verwundet wurde. Ich schicke ihm von Narva aus eine Karte. Gegen 14 Uhr kommt mir eine dunkle Regenfront entgegen: Regenschutz über das Gepäck und Regenjacke an, bis Gatchina ein nasser Begleiter meiner Tour. Den Gastgebern in Gatchina war zwar meine Route bekannt, die Straßenschilder stimmten aber nicht mit der Karte überein, so dass ich die Orientierung verlor. Ein Verkehrspolizist konnte mir zwar den Weg nach Gatchina zeigen, aber nun kam der "Härtetest" über die Dörfer durch eine Unzahl von Schlaglöchern bei strömenden Regen und nicht enden wollenden Straßen. Die Karte löste sich allmählich in Wohlgefallen auf. Schließlich konnte ich die Richtung auf Verdacht halten. In einer Kneipe fragte ich, aber ohne Erfolg. Eine Frau in einem Dorf gab mir den erlösenden Hinweis, dass ich richtig sei.  Gegen 20 Uhr Ortszeit ( 2 Std. später als Europazeit) kam ich endlich am Ziel an. Da tauchte das Problem auf: Wohin in dieser Stadt? Mehrere Passanten kannten das von mir gesuchte Don Bosco Zentrum - die Beschreibung aber war schwierig. Schließlich tauchte nach halbstündigem Umherirren ein "Engel" in der Person von Juri auf, ein etwa 30 Jahre alter Mann "mit Fahne", der mich als Deutschen freudig begrüßte und mich zu Don Bosco führte. In Begleitung seines Hundes stolperten wir von einer Riesenpfütze in die andere. Vorbeifahrende Autos taten ein Übriges. Trotz der Begeisterung Juris, einen Deutschen helfen zu können, blieb bei mir ein erheblicher Rest an Unsicherheit: Wo führte er mich hin? Der Hund lief immer wegweisend voraus.

Tatsächlich brachte mich Juri zu Don Bosco, und ich war überglücklich, als ich das Bild dieses großen Jugendfreundes an der Hauswand sah. Zwischenzeitlich klingelte mehrmals das Handy in meiner Jacke, das ich aber wegen des Regens nicht herausholen konnte: Luise wollte wissen was Sache war, sie war in großer Sorge: Sonst hatten wir ständig Handykontakt. Meinen Engel umarmte ich und überreichte ihm die Pax-Christi-Friedenskerze und machte trotz des Regens ein Foto von ihm. Die Erleichterung und Freude meine heilen Ankunft setzte sich bei den Salesianern und (per Handy) bei Luise fort. Es wurde nach ausgiebiger Dusche (es war kalt unterwegs) ein langer Abend mit den Salesianern, von denen ich Giuseppe Tabarelli seit 40 Jahren kennen. Nun bleibe ich bis Freitag, den 13.5.05, hier und fliege dann von St. Petersburg nach Düsseldorf, das Fahrrad bleibt hier. So weit zum Ankunftstag: DEO GRATIAS.

 

 

Juri mit

Pax-Christi-Friedenskerze

vor dem

Don-Bosco-Zentrum

 

 

 

 Mitbrüdergemeinschaft der Salesianer Don Boscos in Gatchina

Schülergedenken zum 9. Mai 1945 mit dem Direktor Pater Kasimir

in der Fachschule für Graphik und Design vor dem Don Bosco Bild

Bewohner von

Gatchina am Tag

des Sieges über

Nazideutschland

am 9.Mai 2005