Fröhlich sein, Gutes tun und die Spatzen pfeifen lassen
Abschließende
Gedanken zur 5. Radsponsorentour 2005
Nun bin ich den 3. Tag am Ziel meiner Radtour und ordne
meine Eindrücke von unterwegs und von hier. Zunächst habe ich ein Gefühl der
Dankbarkeit, dass ich diese Tour machen durfte. Meiner Frau Luise gilt mein
erster Dank, dass sie mich bei der Routenwahl beraten hat und immer hinter
meinem Vorhaben gestanden hat. Wir waren täglich mehrmals in Handykontakt,
dessen Gebrauch ich nun doch etwas gelernt habe... Dann gilt mein Dank
vielen ungenannten Verwandten und Freunden in Deutschland, die mich mit ihren
Gedanken und Gebeten unterstützt haben. Besonders Danken möchte ich dem
Ehepaar Rethmann aussprechen, das mir durch ihre herzliche Aufnahme in Wamckow/
Mecklenburg gezeigt hat, dass man auch Fremden vertrauend begegnen kann,
ohne blauäugig zu sein. Trotz Planung meinerseits war es ja auch eine Fahrt ins
Blaue mit einem Schuss Abenteuer. Auf dem Fahrrad mit spezifischen Erfahrungen
erlebt man die Welt ganz anders als mit anderen Verkehrsmitteln: Zeit wird
„gedehnt“, Natur und Umgebung erlebt man intensiver (siehe meine vielfachen
Begleiter und Mutmacher: die Lerchen!) , man kommt trotz bisweilen heftigen
Verkehrs zu sich selbst, kann seinen Gedanken nachgehen – und in besonders
verkehrsarmen Gegenden kommt man auch zum Gebet. Man begegnet unterschiedlichen
Menschen , erzählt von seinem Vorhaben, was von vielen Menschen mit Interesse
zur Kenntnis genommen wird. Meine 7-köpfige
Gruppe aus Dresden und Grimma in Sachsen, die ich auf der Fähre zwischen
Rostock und Liepaja kennenlernte, war auf den Spuren von Johann Gottfried Seume,
dem bedeutenden „Aufklärer“ der Goethezeit. Dieser hatte vor 200 Jahren
eine Fußreise durch das Baltikum, Russland , Finnland und Schweden unternommen
und besonders das alltägliche Leben der Menschen beschrieben (vgl. J.G.Seume=
Mein Sommer 1805, Insel Taschenbuch). So konnte auch ich per Rad besonders in
Russland von beschwerlichen Leben der Menschen auf dem Lande so einiges im
Vorbeifahren mitbekommen. Oft hielt ich auch an und begrüßte sie, z.B. eine
alte Frau (ohne Zähne), die ihre Kartoffeln in einem Eimer anbot. Die Menschen
auf dem Land, besonders in Estland und Russland, nahmen mich mit Unverständnis
versteckter Neugier und Zurückhaltung wahr. Erst als man auf sie zuging „tauten“
sie etwas auf. Bei meiner Ankunft in Gatchina bei italienischen Salesianern Don
Boscos wurde ich sehr herzlich aufgenommen. Sie sind seit der „Wende“ hier
und bauen ein Zentrum für die Jugend auf: eine Fachschule für Grafik/Design
und ein „Haus der Offenen Tür“ für Kinder aus Gatschina. Sie müssen täglich
mit vielfältigen Problemen kämpfen und sind im besten Sinne „Söhne Don
Boscos“, der im 19 Jht. unter größten Schwierigkeiten sein heute weltweites
Werk mit 34000 Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen mit Zähigkeit und großem
Gottvertrauen aufgebaut hat zum Wohle der benachteiligten Jugend. Ich habe die
Salesianer von Gatchina als eine fröhliche, tatkräftige und innerlich starke
Gemeinschaft von Ordenschristen erlebt, für die der tägliche Gottesdienst und
die Mahlzeiten zu einer Kraftquelle werden, die die alltägliche Last des Tages
besser bestehen lässt, Getreu dem weltweite bekannten
Spruch Don Boscos „Fröhlich sein, Gutes tun und die Spatzen pfeifen
lassen: „ Von diesem hier erlebten Geist Don Boscos will auch ich meinem
Beitrag durch meine Radsponsortouren verstanden wissen. In einem Fax der
Missionsprokura der Salesianer aus Bonn zu meiner Ankunft hieß es: „Gatchina
ist für mich der Inbegriff von Durchhalte, Hoffnung und Vertrauen in Don Bosco
(das beweisen die Mitbrüder dort jeden Tag)“. So schreibt Jean Paul Mueller
SDB Missonsprokurator der deutschen Provinz.
Diesem Worten schließe ich mich gerne an.
Die Tage hier bis zum Abflug aus St. Petersburg verbringe ich damit, das Zentrum
der Salesianer kennen zu lernen: Druckerei, Haus der OT, Innenstadt von Gatchina
mit orthodoxen Kirchen und Rundgang, Ausruhen auf meinem Zimmer, Karten
schreiben, Gottesdienste mitfeiern und Gespräche führen mit den beiden deutsch
sprechenden Salesianern über die Lebenssituation des normalen Russen und der
Salenianer als katholische Ausländer in Russland, Verhältnis zu Behörden und
zu Orthodoxen Kirche. Am Morgen begegne ich jeweils einer Klasse in einer
kleinen Feierstunde in der der Direktor, Don Kasimiro, den Schülern und Schülerinnen
meine Aktion erklärt, die Friedensbotschaft der Lüdinghauser Pax-Christi-Gruppe
auf russisch vorliest und die Friedenskerze anzündet. Auch ich stelle mich und
mein Anliegen kurz vor. Wenn ich am 13.5 .05 von St. Petersburg wieder nach Hause
per Flug zurückkehre, bin ich mir einer unverzichtbaren Bereicherung meines
Lebens bewusst.