1.   Tag bei Don Bosco in Kazincbarcika ( 30. 5. 06 )

Nach dem Kennenlernen am Nachmittag des Ankunftstages hatte ich eine etwas unruhige Nacht wegen leichter Krämpfe in den Füßen , die ich mehrmals durch Herumgehen los wurde . Bis 4 Uhr schlief ich dann trotz der vielen Eindrücke gut ein und stand wie immer um 6 Uhr auf , musste allerdings auf den Schlüssel zum Toilettenraum / Duschraum ein wenig warten . Die Schüler standen geduldig auf dem Gang , bis vom Erzieher das Zeichen für den Weg zum  Speiseraum der Schule , der ja zwei Straßenzüge entfernt ist , gegeben wurde . Das große Problem der Don Bosco – Schule besteht nämlich darin , dass die Schulgebäude an verschiedenen Orten der Stadt untergebracht sind . Das Frühstück war für mitteleuropäische Verhältnisse sehr bescheiden : Weißbrot , Marmelade und ein warmes Milchgetränk . Mit der Hilfe von Androsch , der ja ganz gut deutsch kann , kam ich mit den Schülern ins Gespräch . Gegen 8 Uhr kam dann ein Vertreter der örtlichen Zeitung und interviewte mich mit Hilfe von Reka , der Deutschlehrerin . Kurz vor 10 Uhr fuhren Reka und ich mit Ambrus , dem Schuldirektor , zum etwa 3 km entfernten ursprünglichen Schulgebäude , um an einem Wortgottesdienst teilzunehmen . Pater Peter Csany SDB begleitete den Gottesdienst mit Gitarre . Der Mehrzweckraum war bis auf den letzten Platz gefüllt .

Kurze Ansprache zur Reise vor der Schulgemeinde

 Es wurden rhythmisch betonte geistliche Lieder bei lockerer und herzlicher Atmosphäre gesungen . Danach schloss sich eine Stunde an , in der meine Sponsoren-Radtour von Ambrus vorgestellt wurde . Ich hatte Gelegenheit , meinen Lebenslauf und die Aktion vorzustellen .  Schüler und Schülerinnen pfiffen vor Begeisterung . Es war eine tolle Stunde ! Mir wurde ein  wunderschöner Lilienstrauß überreicht , der vor dem Bild Don Boscos platziert wurde . Anschließend aßen wir im dortigen Speisesaal zu Mittag . Peter Csány , Ambrus Lux und ich saßen dann bei einem Mocca zusammen und warteten auf den nächsten Termin , der um 14 Uhr mit salesianischen Mitarbeitern im Mehrzwecksaal stattfand. Das Gespräch wurde über salesianische Spiritualität und Motivation geführt . Um 16 Uhr fand dann in einer kleinen Kirche die Taufe eines Schuhmacherlehrlings der Schule statt , die der am Knie verletzte Pater Peter Csány im Sitzen vornehmen musste . Er war eigens aus Budapest angereist . Anschließend fand hinter der Kirche ein kleiner Empfang statt . Dann fuhr Ambrus uns wieder nach Hause . Um 18 Uhr ging ich zum Abendessen mit den Schülern : ein Stück geräucherter Speck , ein Stück Wurst , Weißbrot und Tee . Androsch und ich unterhielten uns noch , ferner wurde noch ein aktuelles Problem mit den Schülern besprochen . Nun sitze ich in meinem Zimmer , schreibe den Tagesbericht und Ansichtskarten . Eine freundliche Frau des Hauses hat meine Unterwäsche gewaschen , wofür sie kein Trinkgeld annahm . Vorhin kamen noch einige Jungen und baten um den Startartikel aus den WN vom 10.5.06 . Der Anruf bei Luise zu Hause in LH beendet nun diesen denkwürdigen Tag , für den ich sehr dankbar bin . Ich erlebe hier Menschen , die unter bescheidenen und schwierigen Bedingungen das Beste machen . Die allgemeine Freundlichkeit und Fröhlichkeit , die Bescheidenheit und Kooperationsbereitschaft haben mich besonders beeindruckt . Morgen früh hat sich das Lokalfernsehen angemeldet , um mit mir eine kleine Reportage zu veranstalten . Nun gehe ich bald in die Falle und werde wohl allmählich ruhiger schlagen .

Gefahrene Tageskilometer : 0   !

P.S. : Auf dem Weg zur Abendtoilette ( zwei Stockwerke tiefer ) traf ich Sold , einen griechisch-orthodoxen Theologen , der hier im Schülerheim ein 4wöchiges Praktikum ableistet .

 

2. Tag bei Don Bosco in Kazincbarcika ( 31. 5. 06 )

Mit Pater Peter Csány hatte ich vereinbart, dass ich an diesem Tag mit nach Budapest fahren würde.

Ich stand wie immer um 6 Uhr auf und packte meine Fahrradtaschen. Beim Gang zur Morgentoilette musste ich warten, weil der Raum besetzt war. Ich kam mit den ebenfalls auf dem Gang wartenden Schüler ins Gespräch. Am Vorabend hatte viele das Fußballspiel Ungarn gegen England gesehen und waren begeistert, dass Ungarn in England 3 : 1 gewonnen hatte. Plötzlich brach die Stromleitung im Großteil des Hauses zusammen, und wir standen im Dunkeln. Beim Frühstück in der nahe gelegenen Schule wartete Androsch schon auf mich, er  sollte mich wegen seiner Deutschkenntnisse zwischenzeitlich betreuen. Er schrieb an diesem Morgen eine Bio – Arbeit und erzählte, seine Mitschüler wollten die Arbeit nicht schreiben. Aber da müssten sie „ wohl durch “. Gegen 8 Uhr kam Reka, die Deutschlehrerin, und wir regelten die Übergabe des Fahrrades und der Papiere mit Ambrus. Sie packte dann ihrer Lehrersachen und zog mit ihren KollegInnen in das neue Lehrerzimmer um.

Gegen 9 Uhr kam dann das Fernsehteam zwecks Interview ins Direktorzimmer. Ich wurde nach Motivation und Umständen der Radtour gefragt, und Reka übersetzte. Das Rad wurde auch ausführlich gefilmt. Nach dem Interview hatte ich noch etwa 2 Stunden Zeit, die ich für eine Mittagsruhe  und das Schreiben von Ansichtskarten nutzte. Ich verabschiedete mich vom Mitarbeiter des Schülerheimes und dankte ihm für alles. Dann ging ich mit dem Gepäck in den Speiseraum der Schule. Heute gab  es eine Suppe mit Hühnerklein, Sauerkrautgulasch, ferner Kraneburger. Ich aß mit dem griechisch-orthodoxen Theologen und Praktikanten Sold, der wohl einen Praxisschock im Schülerheim verarbeiten musste. Nach dem Essen hatte ich Gelegenheit, im Internet meine Tagesberichte anzusehen, die ja während der Tour ganz treu von meiner Frau Luise per e-mail an Josef Lücking geschickt wurden, der sie dann ins Netz stellte. An dieser Stelle sei ausdrücklich herzlich gedankt : gute Teamarbeit! Um 14 Uhr ging dann in der Schule im anderen Stadtteil das Fest aller MitarbeiterInnen der Don Bosco – Schule  ( etwa 100 Personen ) los.  Schülerdarbietungen wechselten einander ab : Tanz, Zigeunermusk, Gedichtvorträge, kleine Schulszenen.... Der große Saal war mit zwei Tischreihen schön geschmückt und enthielt Köstlichkeiten eines Buffets. Der Direktor hielt dann eine lange Ansprache, an deren Anfang er die Radtour stellte. Er überreichte mir – zu meiner großen Überraschung – eine Urkunde und eine Reihe von Geschenken für meine Frau Luise und mich : eine wunderschöne Einkaufstasche, die in der Näherei der Schule gefertigt wurde, ein Freundschaftsband und eine Schlüsseltasche aus der Schuhmacherei, einen geschmiedeten Leuchter aus der Metallabteilung, eine CD – Rom mit Bildern von der Schule, eine Flasche Tokaji – Wein und einen Anstecker der Salesianer Don Boscos ( SDB ). Ich war so gerührt, dass ich dem Direktor zwei Küsschen gab, wie es in Ungarn Sitte ist. Auch Reka bekam für ihre Betreuung zwei Küsschen. Nach der Veranstaltung verabschiedete ich mich von Ambrus und Reka und vielen Anderen und fuhr mit Gesa ( Salesianerbruder ) und Attila

( Pädagogischer Leiter der ungarischen Provinz ) nach Budapest. Wir fuhren etwa 150 km, zunächst durch Hügelland, dann durch die ungarische Ebene und durch Weingebiete. Wir kamen gegen 19 Uhr in der ungarischen Hauptstadt im Provinzialat der Salesianer Don Boscos gut an. Beim Abendessen lernte ich den Provinzial P. Hawasky kennen, der gut Deutsch spricht, und eine Reihe fröhlicher Vietnamesen und Inder, die in Budapest Ungarisch lernen und zum Teil schon in der Seelsorge als Priester arbeiten. Wir hatten viel Spaß miteinander.

So ging auch dieser Tag in der Reihe unvergesslicher Tage zu Ende.